Ein Samstag in einer Marchingband

Mein Blick streift über den lavendel farbenen Himmel, der Duft von Tankstellenkaffe flutet den typisch amerikanisch gelben Schulbus, einer von acht in der Kolonne auf dem Weg zum nächsten Wettbewerb. Ich bin müde. Gestern Nacht noch ein Auswärtsspiel, dann vier bitternötige Stunden Schlaf und nun einer der längsten Tage bisher. Band ist ein Lebensstil den ich trotz dem ein oder anderen 18 Stunden Samstag lieben gelernt habe. Die acht Busse und 5 LKWs mit Equipment (ich scherze nicht) kommen mit dem Anbruch des Tages am Stadion an. Der Trubel beginnt:
Ich schiebe mich in die neuen Kostüme, habe ich die richtigen Schuhe an? Sind die Schnürsenkel in die Schuhe gestopft (man will auf gar keinen Fall stolpern)? By the way, wo muss ich eigentlich hin? Raus aus dem Bus, ein kurzes Aufwärmprogramm und wir rollen los. Das meine ich ganz wörtlich denn ich (bin neu hier, marschiere seit 2 Monaten und bin froh grob zu verstehen was eigentlich meine Aufgabe ist) spiele nicht während dem Marschieren. Ich bin einer der Kulissen/Performance Menschen. Wir choreografieren, schwingen Flaggen und schieben bunte Requisiten (Props) umher. Anfangs hatte ich gehofft den Aufstieg zu den spielenden Trompeten zu schaffen, mittlerweile bin ich jedoch froh nicht noch mehr Stress zu haben. Die Marcus Highschool Band ist unter den besten in den tausenden der gesamten USA, der Arbeitsaufwand und Stress ist dementsprechend riesig. Zurück zur Performance; Es ist 9:59 Uhr, wir stehen in ordentlichen Reihen in der Endzone des Pennington Fields. Einer der Organisatoren beginnt den Countdown: 5, 4, 3… die Flagge der USA weht über der 20 Meter hohen Tribüne 2… Mein Prop wackelt gefährlich in dem starken Wind

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Marcus Band, the take the field!

Es ist windstill, ich beginne mit voller Kraft zu schieben, mein Ziel: 2 Schritten links der 25 yard line und 11 Schritte vor einem der 2 horizontalen Markierungen auf jedem Footballfeld. Der Kunstrasen ist ausnahmsweise mal nicht schrecklich für die vier Rollen, ich begebe mich in Position, Fistbump zu den Leuten rechts und links und unsere Show beginnt.
Um unserer Konkurrenz so wenig Einblick wie möglich zu bieten, darf ich euch leider die Show nicht zeigen. Am Ende der Saison wird es jedoch eine finale Aufnahme der Show geben, solang müsst ihr euch leider noch gedulden.

Einen Ausschnitt unseres Auftritts könnt ihr auf Instagram ansehen

Und hier der Instagram Account der Marcus Band

Weitergeht’s mit Umziehen, Mittagessen, anderen Bands zuschauen und die erste Preisverleihung verfolgen. 5:33pm wir haben es unter die 12 Finalisten geschafft, sind jedoch nur 3. Platz in unserer Größenordnung geworden. Jetzt geht’s zurück zur Schule und um 9:30 Uhr gehört das Feld dann wieder uns. In der Schule werden alle Kleinigkeiten angesprochen, einzelne Takte die nicht ganz perfekt klungen zurecht gerückt und jeder geht in sich und sieht was man beim nächsten Mal besser machen kann. Abendessen und dann geht’s zurück in die bunte Uniform.

Das Finale war spektakulär, definitiv der beste Durchlauf den wir bisher hatten. Für die Preisverleihungen kommen alle 12 Finalisten, und somit mehr als 2.700 Musiker*innen aufs Feld. Wir schaffen es auf den 3. Platz, knapp hinter unseren Rivalen von der Nachbarschule, was wohl bedeutet, dass die Proben nächste Woche intensiv werden. Die Preisverleihung endet, das Stillstehen aufgelöst und alle laufen umher, gratulieren anderen Bands, machen Selfies und freuen sich, das der endlose Tag nun zu Ende ist.

Um 1 Uhr nachts kann ich endlich das Haarspray rauswaschen, die Auftrittsfrisur lösen und endlich ins Bett fallen. Ich bin dankbar diese Erfahrung zu machen, vor mehreren Tausend zu performen und so herzlich Teil der Marcus Family zu sein.

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Sandy
1 Jahr zuvor

Wahnsinn, was Du da erlebst.
Weil ich mir auch schwertue, zu erklären, was eine Marching Band so macht, hier für alle Interessierten das Video vom letzten Jahr: https://youtu.be/xaTkVPKoeDY